Das gab es auf noch keinem Album des Wahl-Kölners, zumindest nicht unter seinem Namen - allerdings bereits 1993 auf dem Longplayer der Band SALLY DAVIS JUNIOR., auf dem er ebenfalls für Gesang und Songwriting zuständig war. Schließt sich hier also ein Kreis? Nicht wirklich. Zwar kennt man Mathias in erster Linie als Produzent von Minimal-, Techno- und House-Tracks, aber auf fast allen seiner Alben gab es auch Stücke mit Gesang, die sich gerade in den letzten Jahren - vor allem auf „Diderot“ -, stilistisch schon sehr den Tracks auf „Singing About It“ annäherten. Der wirkliche Unterschied zu dem, was Schaffhäuser in den letzten dreißig Jahren veröffentlicht hat, ist die Songform, die allen Stücken auf dem neuen Album gemeinsam ist - „Singing About It“ wurde nicht für den Dancefloor produziert, auch wenn einige Stücke darauf durchaus eine gute Figur machen dürften.
Die Motivation zu diesem Konzept entspringt jedoch keinem Plan, eigentlich greift auch 'Konzept' zu hoch. Wie schon ziemlich oft in Mathias' musikalischer Vita waren Zufall und Spaß am Musizieren - dieses Mal vor allem an Gesang - die Hauptfaktoren. Singen wurde in den letzten gut zehn Jahren ein immer wichtigerer Bestandteil in seinen DJ-Sets, ausgehend von eigenen Songs griff Schaffhäuser immer öfter zum Mikrophon und sang auch über Platten seiner Kollegen Texte von Bowie, den Talking Heads und was ihm sonst so in den Sinn kam – immer öfter auch improvisierte Zeilen, die sich dann im besten Fall zu neuen Songs verdichteten. Die Grundideen zu den Stücken „I Fall With You“, „Return (Again)“ und „Cover Me“ sind alle bei Live-Improvisationen während Auftritten entstanden. So war letztlich der Spaß am Singen die Triebfeder hinter „Singing About It“. Und da die Tanzfläche nicht im Fokus stand, konnten sich auch club-ferne Einflüsse aus experimenteller Elektronika, verschmitztem Pop und sogar Blues und Prog-Rock mehr Raum freischaufeln. Das Ergebnis darf gerne in das Fach Art- oder Indie-Pop einsortiert werden, ist aber auch in anderen Schubladen glücklich.
Inhaltlich spielen natürlich nicht nur spielerische und 'leichte' Themen eine Rolle, das „it“ im Albumtitel könnte als „the world as it is today“ verstanden werden, oder als eines der vielen Systeme, die irdisches Leben beeinflussen – leider oft negativ.
Welches System in dem Track „The System, Not The Symptoms“ gemeint ist, kann vielleicht aus der Dringlichkeit des Vortrags abgeleitet werden, aber im Grunde können hier viele übergeordnete Instanzen und Machtfaktoren eingesetzt werden: Das Ändern der Symptome führt leider meistens zu keiner Lösung, es geht ums System – siehe die ewig scheiternden Versuche der Politik, einzelne Bereiche wie Bildung, Gesundheit oder Energieversorgung zu reformieren - oder eine 'Grüne Marktwirtschaft' zu installieren.
Drei Songs auf dem Album wurden nicht von Mathias alleine geschrieben: „Cover Me“ entstand in Zusammenarbeit mit Pawas und setzt eine Reihe von Kooperationen der Beiden fort mit Releases u.a. auf Compost Records. Der Text von „Things To Know About A.I.“ stammt von Enno Park, und „We're Going Wrong“ ist die einzige Fremdkomposition des Albums, geschrieben von Jack Bruce und im Original auf dem Cream-Album „Disraeli Gears“. Alles andere auf „Singing About It“ – Text, Musik, Gesang und Produktion – geht auf Mathias' Kappe.
Das Titelbild allerdings nicht, dafür zeichnet ein anderer Schaffhäuser verantwortlich: Mathias Vater malte es in den früher 1970er Jahren nach einer Fernsehübertragung des Kölner Karnevalszuges, der bei strömendem Regen stattfand. Die Ausdauer und ungebrochene Freude der Gardisten in ihren durchsichtigen Ganzkörper-Plastik-Regenmänteln hatte ihn dazu inspiriert. Und auch hier greift wieder der Zufall, denn weder wohnte die Familie damals in Köln noch war Vater Schaffhäuser Karnevalist.
Livepräsentation: Fr.11.10. 20 Uhr Köln Blue Shell (mit Stahlnetz)
Tracklisting CD:
1 Singing About It
2 Fancy Grey
3 I Fall With You
4 The System, Not The Symptoms
5 Things To Know About A.I.
6 Return (Again)
7 We're Going Wrong
8 Don’t Go Crazy With Your Fantasy
9 Cover Me
10 Keine Eile, keine Hektik, kein Stress
Mathias Schaffhäuser steht nach Absprache für Interviews zur Verfügung.
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